Mobile Jugendarbeit mit Stephan Güthoff in Borkheide und Borkwalde

JOB Storys #4: Mobile Jugendarbeit mit Stephan Güthoff

In unserer Reihe „Job Storys“ dreht sich alles um die Mitarbeiter:innen der Stiftung JOB. Denn sie sind es, die die Stiftung einzigartig und empfehlenswert machen. Weiter geht’s mit Stephan Güthoff, der als Jugendsozialarbeiter in den beiden Waldgemeinden Borkheide und Borkwalde unterwegs ist.

Stephan Güthoff arbeitet seit mehr als 2 Jahrzehnten als Sozialpädagoge. Geduld ist sein Schlüssel zum Erfolg. Dazu gehört für ihn, jungen Menschen keine „Ansagen“ zu machen, sondern darauf zu vertrauen, dass sie selbst ihren Weg finden: „Das fängt schon bei Kleinigkeiten an, zum Beispiel auch mal auszuhalten, dass das dreckige Geschirr stehen bleibt und erst vor dem nächsten Kochen abgewaschen wird.“ Ein partnerschaftliches Verhältnis zu den Jugendlichen ist ihm wichtig, denn nur so entstehe Vertrauen. Ein wichtiger Teil seiner Arbeit ist außerdem, Ansprechpartner für schwierige Themen zu sein, etwa wenn jemand ein Suchtproblem hat oder Opfer von Gewalt geworden ist.


„Mach doch was mit Kindern“

Dass er gut mit Kindern umgehen kann, merkte der 46-Jährige, als er nach der 10. Klasse übergangsweise als Hausmeister arbeitete. „Meine Mutter war Lehrerin an einer kleinen Grundschule in Sputendorf. Da ich nicht so recht wusste, was ich beruflich machen wollte, hat sie mir die Stelle verschafft. Es dauerte nicht lange, da waren die schwierigen Kinder, mit denen die Lehrer nicht fertig wurden, alle regelmäßig bei mir im Büro“, erzählt der Sozialpädagoge. Die Erwachsenen hätten ihm damals geraten, eine Erzieherausbildung zu machen. Das sei für ihn die Initialzündung gewesen, sagt er.

Seine Ausbildung absolvierte er am Oberstufenzentrum Johanna Just in Potsdam. Den ersten Erzieherjob hatte er in seinem Heimatort Kleinmachnow: „Die Leiterin des Jugendclubs suchte händeringend nach einer Schwangerschaftsvertretung und so bin ich als frisch gebackener Erzieher gleich in eine große Einrichtung gekommen. Zusammen mit einer Kollegin hatten wir komplett freie Hand und haben erstmal alles umgekrempelt.“, erinnert er sich. In all seinen Berufsjahren sei er für genau einen Sonntag arbeitslos gewesen. Zur Stiftung JOB, damals noch JOB e. V., kam er vor 16 Jahren über seinen Freund Ronny Kraak [Link auf JOB Story], der ihm von einer freien Stelle als Streetworker in Borkwalde und Borkheide erzählte.


„Ich gehe dahin, wo die Jugendlichen sein wollen“

Stephan Güthoff spricht heute lieber von mobiler Jugendarbeit, weil der Begriff „Streetwork“ falsche Vorstellungen wecke. „Viele Menschen denken, man stellt sich einfach dazu, wenn Jugendliche irgendwo mit einem Kasten Bier sitzen. So einfach funktioniert das aber nicht. Man muss authentisch sein und sich gut überlegen, was der eigene Auftrag ist, sonst kommt man nicht ins Gespräch. Bier in der Öffentlichkeit zu trinken, kann ich ihnen nicht verbieten“, erklärt der Sozialpädagoge.

Mobil heißt, dorthin zu gehen, wo die Kinder und Jugendlichen sein wollen. Das kann Fußball spielen auf dem Bolzplatz sein oder ein Treffen auf dem Marktplatz. Da Borkheide und Borkwalde jeweils einen eigenen Jugendraum haben, ist er aber meistens in den Jugendräumen. „Ich kann spontan sagen: In Borkwalde kommt heute keiner, aber drüben wollen 5 Jugendliche rein. Dann mache ich hier einen Zettel ran und fahre rüber.“ Die beiden Waldgemeinden liegen 4 Kilometer auseinander, gehören für die Jugendlichen aber trotzdem zusammen. Das haben auch die beiden Gemeinden erkannt und finanzieren gemeinsam seine Stelle. 


„Wenn ich gut arbeite, merkt keiner, dass ich da bin“

Sich unsichtbar zu machen, wenn alles läuft und da zu sein, wenn Unterstützung gebraucht wird – das macht für Stephan Güthoff Professionalität aus. Die Unternehmungslust der Kinder und Jugendlichen hätte sich jedoch seit der Corona-Pandemie verändert: „Davor gab es immer jemanden, der Interesse hatte, die Räume zu verschönern, einen Ausflug zu machen oder ein Sportturnier zu organisieren. Nach der schwierigen Zeit ist die Motivation, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, wesentlich geringer.“ Viele hätten sich von den Erwachsenen allein gelassen gefühlt und seien enttäuscht, nachdem 2 Lebensjahre einfach weg sind. Eine wichtige Zeit, in der man Jugendweihe feiert, in die Disko geht und mit Freunden zusammen ist. Der Sozialpädagoge sieht aber auch Lichtblicke: „Oft ist es gut einfach loszulegen. Neulich habe ich angefangen den Rasen zu harken, dadurch kam nach und nach Bewegung rein. Einer sammelt den Müll von der Wiese, eine andere zupft Unkraut im Hochbeet und zum Schluss haben alle noch Pizza zusammen gemacht.“ 


„Man braucht ein dickes Fell“

Seine Stelle teilt sich Stephan Güthoff seit 3 Jahren mit der Sozialpädagogin Felicia Matthes. Die beiden tauschen sich regelmäßig über ihre Arbeit aus und oft auch darüber, wie sie mit Kritik oder Angriffen in den sozialen Medien umgehen. „Aus dem Unmut über einer beschmierte Bushaltestelle kann schnell mal eine Generalkritik an der ‚Jugend von heute‘ und der Sozialarbeit werden. Damit umzugehen ist schwierig, weil sich die Kommentare zuspitzen, ohne das jemand mit mir persönlich gesprochen hat“, schildert der 46-Jährige. Seine Strategie: freundlich bleiben und dazu einladen, ihn persönlich in den Jugendräumen zu besuchen. Der Rückhalt im Kollegenkreis und die Freiheit, mit der er seine Arbeit gestalten kann, motivieren ihn: „Ich kann zum Beispiel auf jede Gemeindesitzung gehen und im Namen der Stiftung JOB sprechen. Da ist über die Jahre ein großes Vertrauen zwischen mir, der Fachbereichsleitung und dem Vorstand gewachsen.“